SpanienLive, Samstag, 27. Februar 2021
Nach Spanien auswandern? Der (meist) kälteren Heimat den Rücken kehren? Ein süßes Leben unter der Sonne, am Strand führen? Das klingt verlockend und
könnte dazu verleiten, die Koffer vielleicht etwas voreilig zu packen. Auswanderungswillige sollten nichts überstürzen und ihre Spanienpläne erst
einmal gründlich prüfen, um mit dem Umzug nicht buchstäblich vom Regen in die Traufe zu geraten - ein Erfahrungsbericht.
Es ist keine schlechte Idee, das Spanien-Abenteuer damit beginnen zu lassen, dass man einfach ein paar Monate ins Land kommt, um sich umzusehen. Ein
bisschen in Spanien schnuppern, ohne gleich alle Brücken in die Heimat abzubrechen, das hilft vielleicht, die richtige Entscheidung zu treffen. Und
eine überhastete Auswanderung aus der Heimat und planlose Einwanderung in ein meist ziemlich unbekanntes Land zu vermeiden.
Zunächst einmal ein Aufenthalt auf Probe: Der Alltag in Spanien ist unter Umständen nicht weniger hart als zu Hause
Nicht alle Vorstellungen, die man von Spanien so im Kopf hat, stimmen unbedingt mit der Wirklichkeit überein: Eine Woche unbeschwerter Urlaub auf
Mallorca kann sehr schön und sonnig sein. Der Alltag in Spanien ist hingegen unter Umständen nicht weniger hart und steinig als zu Hause. Also sollte
man lieber erst einmal das Land, in dem man vielleicht arbeiten, leben oder seinen Ruhestand verbringen möchte, etwas gründlicher kennenlernen.
Reisepass oder Personalausweis reichen erst einmal zu dieser längeren Kontaktaufnahme mit Spanien. Die Freizügigkeit innerhalb der EU - und diese
gilt auch für die Schweizer Bürger - macht es möglich. Auch empfiehlt es sich für den Krankheitsfall, die Europäische Krankenversicherungs-Karte,
welche von den heimischen Krankenversicherungen ausgestellt wird, in der Tasche zu haben.
Erst nach drei Monaten Aufenthalt beginnt der Papierkrieg: NIE, Ausländerzertifikat, Einwohnermeldeamt, Sozialversicherung
Erst nach drei Monaten Aufenthalt muss man sich in Spanien laut Gesetz anmelden und seine Ausländernummer namens „NIE“ (número de identidad de
extranjero) beantragen, die für das längere Alltagsleben in Spanien unerlässlich ist. Visum, Arbeitserlaubnis oder eine Aufenthaltsgenehmigung
braucht man heutzutage nicht mehr.
Wer später wirklich beschließt, sich mit Hauptwohnsitz in Spanien niederzulassen, sollte sich auf einen Papierkrieg mit den Behörden gefasst machen:
NIE, Ausländerzertifikat (certificado de registro de ciudadano de la unión) müssen besorgt, die Anmeldung im Rathaus (empadronamiento) erledigt
werden.
Auch wenn dies viele Auslandsresidenten gerne ignorieren: Aber das mitgebracht Auto und der Führerschein sollten besser umgemeldet
werden
Führerschein und Auto sollten ebenfalls umgemeldet werden, um Probleme mit der Polizei zu vermeiden. Und schließlich sollte die Registrierung beim
Finanzamt und der Sozialversicherung nicht vergessen werden, soweit man arbeiten oder vom staatlichen Gesundheitssystem profitieren möchte.
Wer sich nicht selbst die Mühe mit den vielen Papieren machen will, kann eine „gestoría“ beauftragen. Das sind Servicebüros, die alles, was mit
Bürokratie zu tun hat, gegen Entgelt erledigen. Auch so lästige Dinge wie die Steuererklärung vorbereiten, sich die Mietverträge genau ansehen, bei
Immobiliengeschäften zur Hand gehen, Erben beraten etc...
Spezialisierte Servicebüros helfen beim Kampf mit der Bürokratie - In den Residenten-Hochburgen gibt es auch deutschsprachige
„gestorias“
Wer nicht gut Spanisch kann, sollte sich auf jeden Fall eine „gestoría“ suchen, wo gut Deutsch gesprochen wird, damit es keine Missverständnisse
gibt. Überall dort, wo viele deutschsprachige Residenten siedeln, etwa auf Mallorca, den Kanaren oder an der Costa Blanca, gibt es mittlerweile auch
deutschsprachige Servicebüros. Lassen Sie sich am besten von anderen Spanien-Residenten eine „gestoría“ empfehlen, und machen Sie feste Preise für
die Dienstleistungen aus.
Die ersten Monate „Probezeit“ in Spanien sollte man auch schon mal nutzen, um Kontakte zu Gleichgesinnten, zu anderen Auswanderern zu knüpfen, von
deren guten oder schlechten Erfahrung man viel lernen kann. Zudem könnte man sich vielleicht schon einmal nach einem möglichen Wohnort und einer
passenden Langzeit-Unterkunft umschauen.
Wer keinen Job oder keine regelmäßigen Einkünfte in Aussicht hat, der sollte besser gleich zu Hause bleiben – Auch in Spanien wird einem
nichts geschenkt
Und natürlich nach einem Job, wenn man sich noch die Brötchen verdienen muss. Denn ohne Aussicht auf Arbeit oder andere regelmäßige Einkünfte wie die
Rente sollte man lieber gar nicht erst ans Auswandern denken. Geschenkt wird einem auch in Spanien nichts - erst recht nicht in Zeiten der aktuellen
Wirtschaftskrise. Und soziale Hilfen im Notfall gibt es praktisch nicht. Deswegen kann ein solides Finanzpolster am Anfang nicht schaden.
Auch ist es ratsam zu hören, welche Versicherungen empfohlen werden, welche Telefon- und Internetanbieter billig sind. Und bei welchem in Spanien
ansässigen Geldinstitut oder welcher Internetbank man am günstigsten sein Konto eröffnen kann - ohne spanische Bankverbindung lässt sich der Alltag
unter der Sonne später kaum regeln.
Lernen Sie schon vor dem Auswandern Spanisch: Sonst wird der Start in Spanien noch schwerer, als er ohnehin schon ist
Übrigens: Auch die eigenen spanischen Sprachkenntnisse sollte man schon mal testen und möglichst ausbauen: Wer kein oder nur wenig Spanisch
beherrscht, wird es naturgemäß schwerer haben, als jene, die in einem fremden Land alles ausdrücken können, was sie sagen wollen.
Denn spätestens nach den ersten drei Monaten, wo man sich vielleicht noch ein wenig von der Urlaubslaune und dem Schicksal treiben lässt, beginnt der
Ernst des Lebens - auch in Spanien.
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf SpanienLive.com veröffentlicht