Mein Italien Info, Donnerstag, 5. August 2021
FAMILIENSTRUKTUR
Viele Paare sind jahrelang verlobt, weil die Italiener mit einer Heirat oft warten, bis sie eine Ausbildung abgeschlossen und eine Arbeit gefunden
haben. Eine Scheidung ist gesetzlich erst dann möglich, wenn die Ehepartner bereits mindestens drei Jahre getrennt gelebt haben.
Im Norden des Landes gibt es in den meisten Familien nur ein oder zwei Kinder. Grössere Familien sind im Süden üblich, wo häufig mehrere Generationen
unter einem Dach wohnen. Der Norden und der Süden Italiens unterscheiden sich auch darin, dass die Frauen im Norden grössere gesellschaftliche
Freiheiten geniessen und im Beruf bessere Chancen haben.
ESSEN UND TRINKEN
Die Italiener nehmen morgens ein leichtes Frühstück zu sich, das oft aus einer Tasse Kaffee für Erwachsene und warmer Milch für die Kinder sowie
Biscotti (Keksen), Croissants, Brot oder Brötchen besteht. Die beliebteste Hauptspeise sind Teigwaren (Pasta), die es in einer unüberschaubaren Zahl
verschiedener Formen gibt. Die wohl berühmteste Nudelsorte sind die Spaghetti. Hinter dem Begriff Ravioli verbergen sich beispielsweise kleine
Teigtaschen mit einer Füllung aus Fleisch, Käse oder Gemüse, während es sich bei Fettuccine um breite Bandnudeln handelt. Die Pasta wird mit vielen
verschiedenen Sossen und Beilagen serviert. Hierzu gehört die Bolognese, die aus Tomaten und magerem gehackten Fleisch vom Rind, Schwein oder Kalb
besteht. Gerne essen Italiener ihre Teigwaren auch mit Lachs oder Pilzen. Fisch stellt ebenso wie verschiedene Fleischsorten und -produkte, wie z. B.
Kalbsfleisch, Schinken und Salami, einen wichtigen Bestandteil des Speiseplans dar. Auch Käse wird in zahlreichen Sorten und Varianten angeboten und
sehr gern gegessen. Die weltberühmte Pizza hat ihre Heimat im Süden des Landes. Eine typische Alltagsmahlzeit setzt sich aus drei Gängen zusammen.
Wenn die Italiener allerdings ein Fest feiern oder im Restaurant essen, besteht das Mahl normalerweise aus einer Vorspeise, einem Nudelgericht, einem
Hauptgericht mit Fleisch oder Fisch, einem Nachtisch und Käse. Der Salat wird oft nach der Hauptspeise serviert. Die Weinherstellung ist ein
wichtiger Wirtschaftszweig Italiens, und zu einer Mahlzeit trinken die Italiener traditionellerweise Wein, heute aber auch gerne Bier.
Gutes Essen hat in Italien einen sehr hohen Stellenwert, und man nimmt sich dafür viel Zeit. Früher war das Mittagessen die wichtigste Mahlzeit des
Tages. Die Familienmitglieder nahmen es immer gemeinsam ein. Da aber mittlerweile auch immer mehr Frauen einem Beruf nachgehen, stirbt diese
Tradition allmählich aus. Wenn in einer Firma mehr als 20 Personen beschäftigt sind, so muss die Firma über eine Cafeteria verfügen. Das Mittagessen
findet normalerweise zwischen 13.30 und 14.00 Uhr statt. Das Abendessen nehmen die Italiener im Norden bereits ab 19.30 Uhr ein, auf Sizilien und in
anderen südlichen Regionen dagegen teilweise erst um 22.30 Uhr.
UMGANGSFORMEN
Eine formlose Begrüssung unter Freunden ist Ciao (“Hallo” oder “Tschüs”). Bei etwas offizielleren Anlässen hört man eher Buon giorno (“Guten Tag”)
oder Buona sera (“Guten Abend”). Oft gehen Italiener gleichen Geschlechts Arm in Arm. Titel haben nach wie vor grosse Bedeutung. Mittlerweile ist
auch die Anrede mit dem Vornamen sehr verbreitet.
Vorsicht übrigens beim Grüssen in Italien: "Ciao" sagt man nur zu jungen Leuten oder sehr guten Bekannten.
Üblicher und etwas formeller ist buon giorno ("guten Tag") oder buona sera ("guten Abend"). Wenn Sie jemanden nicht gut kennen, sollten sie sich kei
neswegs mit ciao verabschieden, arrivederci (oder arrivederla) tut's besser.
Im Gespräch legen die Italiener (wie auch ihre nördlichen Nachbarn, die Österreicher) grossen Wert auf den Titel. Jeder Akademiker sollte mit
dottore, jeder Lehrer mit professore angesprochen werden. Und wenn Sie es mit einem Ingenieur zu tun haben (der in Italien ja auch dottore ist),
sprechen Sie ihn lieber mit ingegnere an, das gibt mehr Prestige - dottore ist schliesslich jeder. Sie werden von Bekannten zu sich nach Hause
eingeladen? Bringen Sie einen Strauss Blumen mit! Aber auf keinen Fall sollten es Chrysanthemen sein! Sie gelten nämlich als Trauerblumen.
Cafés sind überall in Italien wichtige Treffpunkte. Hier kann man – meist im Stehen – frühstücken, zwischendurch schnell einen Kaffee trinken oder
einen Imbiss einnehmen. Zum Essen geht man in ein Restaurant.
FREIZEIT
Sowohl in kleinen Dörfern wie in den Grossstädten gehört ein Abend- oder Sonntagsspaziergang (“Corso”) durch den Ort oder die Stadt zu den festen
Gewohnheiten. Die mit Abstand am weitesten verbreitete und beliebteste Sportart ist Fussball. Radrennen haben in Italien eine lange und immer noch
lebendige Tradition. Viele der besten Hersteller von Rennrädern und Zubehör sind in Italien beheimatet, und viele Italiener schwingen sich am Abend
oder an den Wochenenden für eine Tour aufs Rad. In den Alpen und anderen Gebirgsregionen sind auch Wandern in den Dolomiten, Klettern, Skifahren in
den Dolomiten oder Familienausflüge mit dem Auto in die Berge sehr beliebt. Im September packt viele Italiener die Jagdlust, doch gerät diese
Freizeitbeschäftigung aus Gründen des Naturschutzes immer mehr in die Kritik.
Die Kunst, vor allem die Musik, nimmt noch immer einen wichtigen Platz im Leben vieler Italiener ein. Die Oper ist traditionell auch ein
volkstümliches Vergnügen; berühmt sind die Aufführungen in der Arena von Verona. Weltberühmt und viel besucht sind die Kunstschätze der Museen und
Galerien in Florenz und Rom. Italien gehört auch beim Film zu den wichtigsten Nationen. Doch seit der Zeit, als italienische Regisseure wie
beispielsweise Federico Fellini auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs standen, ist die Zahl der Kinobesucher zurückgegangen, und die meisten der heute
gezeigten Filme kommen hier wie überall aus Amerika und wurden ins Italienische synchronisiert. Auch in Italien ist längst der Fernseher der
Mittelpunkt vieler Familien.
FEIERTAGE
Staatlicher Feiertag ist der 6. Januar. An diesem Tag wird Epiphanias, das Dreikönigsfest, gefeiert, an dem die Weihnachtshexe Befana die Menschen
besucht. Befana ist der Überlieferung zufolge eine alte freundliche Hexe, die die Heiligen Drei Könige nicht begleiten konnte, und die seitdem nach
dem Jesuskind sucht. In der Nacht vom 5. auf den 6. Januar kommt sie auf ihrem Besen durch die Schornsteine in die Häuser und bringt den braven
Kindern Spielzeug und Süssigkeiten. Unartige Kinder bekommen von ihr ein Stück Kohle.
In vielen Teilen Italiens wird an den Tagen, die der Fastenzeit unmittelbar vorausgehen, mit Umzügen und Kostümfesten der Carnevale gefeiert.
Der Tag der Befreiung am 25. April erinnert an die Befreiung Italiens im 2. Weltkrieg. Am 15. August begehen die Italiener den Feiertag Mariä
Himmelfahrt. An diesem Tag beginnt auch Ferragosta, d. h. die Ferien, in denen alle grossen Unternehmen schliessen. Um diese Zeit fahren die meisten
Italiener an die See oder ins Gebirge.
An Allerheiligen (1. November) gedenken die Italiener aller katholischen Heiligen. Einen Tag später, am 2. November, folgt der Allerseelentag (Il
Giorno dei Morti). An diesem Tag besuchen viele Italiener die Gräber ihrer Angehörigen, die sie mit Blumen, vor allem mit Chrysanthemen, und Kerzen
schmücken. Abends spielt man in der Kirche ein Requiem für die Toten, und zu ihren Ehren werden die Kirchenglocken geläutet.
Am 6. Dezember feiern die Italiener das Fest des heiligen Nikolaus (Festa di San Nicola). Im 11. Jahrhundert retteten Seeleute aus Bari an diesem Tag
seine Überreste aus den Händen “Ungläubiger” in Kleinasien. Der heilige Nikolaus ist u. a. der Schutzpatron der Schiffer und Kinder. Auf ihn geht
auch der von uns gefeierte Nikolaus zurück, der in Italien unter dem Namen Babbo Natale (Weihnachtsmann) bekannt ist. Der 8. Dezember ist der Tag der
unbefleckten Empfängnis, an dem die Katholiken feiern, dass die Seele der Jungfrau Maria vor der Erbsünde bewahrt wurde.
BEKLEIDUNG
Die Italiener sind (immer noch, auch wenn die Amerikanisierung fortschreitet) Ästheten, sie schätzen gut angezogene Menschen und freuen sich, wenn
die Touristen beim Stadtspaziergang nicht allzu viel Haut zeigen. Zwar haben sich längst auch in Italien bei den Herren die knielangen Bermudas und
die Trekkinghosen mit ausgebeulten Beintaschen durchgesetzt, aber abseits der Strände wird man vergeblich Einheimische suchen, die in Bikini oder Ba
dehose durch die Stadt bummeln, oder gar mehrfarbige, weite Shorts und ärmellose Unterhemden tragen. Denn es entspricht nicht im Geringsten dem
Geschmack der Italiener, ganz im Gegenteil, es ist absolut verpönt. Selbst in Restaurants in Strandnähe, ganz zu schweigen von Museen und anderen
öffentlichen Gebäuden ist eine zu saloppe Kleidung nicht gern gesehen.
In Venedig kann einem sogar passieren, dass man, wenn man auf öffentlichen Plätzen in Badekleidung erwischt wird, Bussgelder von bis zu 200 Euro
zahlen muss. Solche in den Augen der Venetianer als anstössig angesehene Kleidung hat die Stadtverwaltung der Lagunenstadt nämlich unter Strafe
gestellt. Beim Besuch von Kirchen sind bedeckte Schultern und Beine vorgeschrieben. Das gilt als Zeichen von Respekt.
NACKT BADEN
Nackt baden oder sonnen ist im ganzen Land nicht nur verpönt sonder ausdrücklich verboten - dies gilt auch für Kinder. Trotzdem gibt es immer wieder
Touristen, die an manchen Stränden die Hüllen fallen lassen. "Oben ohne" wird zwar nicht gern gesehen, setzt sich aber, wenn auch nicht in dem Masse
wie beispielsweise in Frankreich, nach und nach durch.
AUF DEM STRAND
Nirgends in Europa ist der Strandbesuch so streng reglementiert wie in Italien. Da kann es leicht geschehen, dass man ein Bussgeld zahlen muss.
Beispielsweise wird erwartet, dass sich die Badegäste ausschliesslich in den dafür vorgesehenen Kabinen umziehen und nicht vor aller Augen. Auf den
freien Stränden geht es zwangsläufig etwas lockerer zu, wobei es glücklicherweise auch in Italien immer mehr mit Dusche und Umkleidekabinen
ausgestattete freie Strände (die so genannten spiagge libere attrezzate) gibt.
Tiere sollten nicht mit auf den Strand (obwohl ich persönlich schon Pitbull Terriers im Wasser planschen gesehen habe, ohne dass es jemand
beanstandet hätte), laute Musik darf ebensowenig abgespielt werden (Gerhard Polts Film "Sprechen sie Deutsch?" wäre da nicht mehr zeitgemäss), wild
zelten oder auf dem Strand übernachten ist auch nicht erlaubt.
Ein absolutes Nein gilt dem barbusigen Einkehren ins Strand-Restaurant.
Schmusen beim Sonnenuntergang ist zwar nicht verboten, falls man dabei aber zu weit geht, dann kann es richtig teuer werden.
Was viele Touristen völlig unterschätzen, ist die Gefährlichkeit des Meeres bei Wellengang. Deshalb sollte man das Warnsignal (rote Flagge =
Badeverbot) strikt befolgen. Schliesslich setzt man nicht nur sich selbst, sonder auch den Bademeister der Gefahr aus.
RAUCHEN
In Italien ist das Rauchen in allen öffentlichen Verkehrsmitteln, Geschäften, öffentlichen und privaten Büros, Kinos und Restaurants seit einigen
Jahren grundsätzlich verboten. Nur selten gibt es Lokale mit separatem Raucherzimmer oder entsprechender Entlüftung, in denen das Rauchen erlaubt
ist. Und es ist erstaunlich: Die Menschen halten sich daran, die Wirte beklagen sich nicht!
Wer sich nicht an das Rauchverbot hält, muss mit 25 bis 250 Euro Bussgeld rechnen. Noch mehr wird es, wenn er neben Schwangeren oder Kindern raucht.
Die Wirte sind verpflichtet, unter Androhung von hohen Strafen, jeden rauchenden Gast anzuzeigen.
IN BARS UND RESTAURANTS
In einer Speisegaststätte den erstbesten freien Tisch anzusteuern, gilt als unhöflich. Stattdessen sollte man sich vom Kellner einen Tisch zuweisen
lassen.
Der Tradition entsprechend besteht ein italienisches Essen aus mehreren Gängen. Man sollte sich also nicht wundern, wenn, nachdem man sich gerade mit
einem Teller Spaghetti voll gegessen hat, der Kellner kommt und freundlich fragt: "E di secondo cosa le porto?" (Was kann ich Ihnen als zweiten Gang
bringen?). Das war früher, besonders in den "besseren" Restaurants ein absoluter (und teuerer) Zwang.
Mit dem Steigen der Preise und dem zunehmenden Schlankheitsbewusstsein der Italiener wird diese Sitte auch von den Italienern nicht mehr so ernst
genommen. So überspringt man beispielsweise die antipasti, oder man teilt sich ein primo (den ersten Gang, also das Nudelgericht), oder man nimmt
halt nur einen secondo (Hauptgang).
Eine Rechnung pro Tisch im Restaurant ist bei den Italienern ganz normal und es wird vom Kellner fast als Zumutung gesehen, wenn jeder Gast auf seine
eigene Rechnung besteht. Wenn in Italien mehrere Personen gemeinsam essen gehen, gibt es beim Bezahlen eine einzige Rechnung, die in einer Summe
bezahlt wird. Meistens wird dann ganz einfach der Rechnungsbetrag durch die Anzahl der Personen geteilt (egal, ob der auch tatsächlich so viel
gegessen hat oder nicht), oder jeder steuert freiwillig mit einen angemessenen Betrag bei. Peinlich wird es, wenn die ausländischen Gäste genauestens
anhand der Speisekarte ihre Kosten zusammenrechnen und dabei auch noch den Beitrag für das coperto (das "Gedeck", das zwischen 0,50 und 5,00 Euro
betragen kann) vergessen.
Jeder Kaffee hat in Italien seine Tageszeit. Nach dem Aufstehen trinkt man ggf. einen Espresso (bzw. einen caffè []), zum Frühstück einen Cappuccino
oder einen latte macchiato - und ab mittags nur noch Espresso.
TRINKGELDER
In den Reiseführern liest man zwar immer noch, dass in Hotels und Restaurants fünf bis zehn Prozent, in Cafés zehn bis fünfzehn Prozent der Rechnung
als Trinkgeld erwartet werden, aber auch hier hat sich in Italien einiges geändert. Trinkgeld zu geben ist in der italienischen Gastronomie nicht
mehr üblich. Schliesslich sind die Preise ja "servizio compreso" und das coperto ist nur eine Art Grundgebühr für das Gedeck. Wer besonders zufrieden
war, kann ein paar Münzen geben. Aber bitte nur unauffällig auf dem Tisch liegen lassen. In den Bars gibt es dafür Tellerchen oder Sparschweine. Im
Hotel erhält das Zimmermädchen fünf Euro pro Woche. Im Taxi wird Trinkgeld nicht erwartet - im New York wird man übelst beschimpft, wenn man es nicht
tut -, aufrunden ist aber in Ordnung.
TABUTHEMEN
In Italien ist das Thema Fschismus und Mussolini kein Tabu wie in Deutschland die Zeit unter Hitler. Man spricht ziemlich offen über die damaligen
Verhältnisse, aber lassen Sie als Fremder das Thema lieber aus, soloang sie die Meinung ihres Gesprächspartners nicht kennen.
Ein absolutes Tabuthema ist in Italien (ausser unter engsten Verwandten) das Einkommen. Wenn sie einen Bekannten mit einer - in Amerika durchaus
üblichen - Frage wie "How much do you make a year?" überfallen, brauchen Sie sich nicht, wundern, wenn ihnen eisige Reserviertheit entgegenkommt.
EINKAUFEN
Beim Einkaufen kommt es oft vor, dass Sie an den Waren keine Preise finden, denn es gibt keine gesetzliche Verpflichtung dazu. Zögern Sie aber nicht,
nach den Preis zu fragen, und genieren Sie sich nicht, ggf. auf ein anderes Geschäft auszuweichen..
Dass Italiener mit dem Anstellen an der Bar oder im Geschäft ihre Probleme haben, ist bekannt. Wer die robusteren Ellbogen hat oder am lautesten
schreit, kommt eher dran. Aber auch hier hat sich in den letzten Jahrzehnten etwas geändert. In immer mehr Bäckereien, Gemüseläden, oder Wurst- und
Käsetheken im Supermarkt muss eine Nummer gezogen werden, erst nach dem Aufruf der jeweiligen Zahl, kommt man an die Reihe.
Dieser Artikel wurde zuvor auf der Website von mein.italien.info veröffentlicht.